Episode 196: Die Jungfrau und das Ungeheuer (Panna a netvor), 1978

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Ein Filmarchiv

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Film Zwei im #Horroctober ist wie schon unser Ausflug nach Italien mit Lucio Fulci letzte Woche eine Art Zwitter-Wesen in Sachen Spannungskino, diesmal irgendwo zwischen dem berühmten tschechoslowakischen Märchenfilm und einer wahren Horror-Umformulierung des noch berühmteren französischen Kunstmärchens Die Schöne und das Biest. Der Stoff wird von Regisseur Juraj Herz zu einer Art Trauergesang auf das verlorene Erhabene, für das das Wilde im Ungeheuer steht. Statt freudiger Domestizierung durch das holde Weib bleibt am Ende menschliche Langeweile, oder gar der Tod, den der Film in seiner gemeinen Doppelbödigkeit genauso als Finale anbietet, wie der Sieg der kitschigen Zweisamkeit im Rokoko-Tunnel. Die Frage ist nur: ist dieses menschliche Dasein dann nicht der wahre Horror? Juraj Herz wurde auch hierzulange als Garant für gelungene Märchenfilme bekannt, mochte dieses Genre aber nicht sonderlich. Bei diesem Stoff, der sich klar an ein erwachsenes Publikum mit Freude am Gothic oder Schauergeschichten wendet, merkt man in jeder Sekunde, dass ein Meisterregisseur mit grundlegendem Verständnis für Genre so weit er kann sein Ding macht. Wir wollen unseren Schnabel nicht zu voll nehmen: aber wir finden, der Herz ist ein großartiger Regisseur, und dieser Film macht als erwachsene und kluge Genre-Unterhaltung mit etwas Tiefgang richtig Spaß. Vielleicht auch, weil er uns die klassischen, aus der Kindheit so bekannten tschechoslowakischen Märchenfilm-Setups im Dorf mit Sex, Schlachtvieh und Blut anreichert, was aber hiesigen Publishern nicht immer auffiel, sodass der Film wirklich mit FSK 12 (davor sogar ab 16!) in der Märchenfilmbox landete. Das hätte Herrn Herz definitiv amüsiert.